Divergierende Marktentwicklungen
Der Immobilienmarkt für Gewerbeobjekte weist aktuell eine bemerkenswerte Divergenz auf.
Während der Logistikimmobilienmarkt sich durch die aktuelle Wirtschaftslage mit sinkenden Flächenumsätzen und fallenden Spitzenmieten konfrontiert sieht, erlebt der Sektor der Rechenzentren einen unaufhaltsamen Boom.
Prognosen deuten auf eine Verdopplung der Kapazitäten bis zum Jahr 2030 hin, angetrieben durch die fortschreitende Digitalisierung und den Anstieg von KI-Anwendungen.
Konkurrenz oder Chance?
Auf den ersten Blick entsteht ein klassisches Spannungsfeld: Zwei Branchen mit ähnlichen Standortanforderungen konkurrieren um die besten Flächen. Dabei stehen insbesondere traditionelle Logistikregionen wie Frankfurt oder Berlin, aber auch das Rheinische Revier und München im Fokus.
In Frankfurt beispielsweise liegen die Grundstückspreise für Rechenzentren beim Sechs- bis Siebenfachen dessen, was für Logistikflächen gezahlt wird. Da Kommunen die steuerstarken Rechenzentren-Nutzer oft bevorzugen, sind diese bei der Ausweisung von Gewerbegebieten im Vorteil. Allerdings entwickelt sich der mangelnde Netzausbau, der bereits bei nachhaltigen Logistikimmobilienneubauten eine Herausforderung darstellt, zunehmend zu einem limitierenden Faktor für die Realisierung neuer Rechenzentren.
In Summe ein klarer Konkurrenzkampf – zumindest punktuell in Bezug auf einzelne Standorte - der jedoch vielleicht auch als Chance begriffen werden kann.
Synergie statt Verdrängung
Statt in den Wettstreit zu treten, sollte der Fokus eher auf strategische Kooperationsmodelle gelegt werden. So könnte die Zukunft in hybriden Konzepten liegen, die die Stärken beider Welten vereinen. Solche Modelle sind bereits heute technisch und wirtschaftlich realisierbar und bieten Lösungsansätze für die genannten Herausforderungen.
Flächensynergien nutzen
Ein vielversprechender Ansatz ist die Entwicklung mehrstöckiger Immobilien. Hierbei kann die Logistiknutzung im Erdgeschoss angesiedelt werden, während ein Edge- oder Colocation-Rechenzentrum in den oberen Etagen oder einem Nebengebäude Platz findet. Insbesondere Konversionsflächen mit einer GI-Ausweisung (Industriegebiet) bieten hierfür ideale rechtliche und bauliche Voraussetzungen. Das Data Hotel in Amsterdam, das im Erdgeschoss Logistik- und Lagerflächen und in den oberen Etagen ein Colocation Rechenzentrum beherbergt, ist ein gelungenes Beispiel für eine flächeneffiziente Lösung.
Energetische Synergien herstellen
Die gemeinsame Installation einer Photovoltaikanlage, ergänzt durch einen Batteriespeicher, kann die Energieversorgung für beide Nutzer optimieren, die Betriebskosten senken und die Nachhaltigkeit des Gesamtprojekts steigern.
Rechenzentren unterliegen der gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe und Nutzung der Abwärme (EnEfG). Diese thermische Energie kann effizient zur Beheizung angrenzender Logistikhallen genutzt werden. Im Multilevel-Objekt „Chapelle International“ in Paris wird bereits die Abwärme des integrierten Rechenzentrums zur Beheizung der Logistikflächen genutzt.
Fazit und Ausblick
Die intelligente Kombination von Logistik und Rechenzentren stellt mehr als eine Nischenlösung dar. Sie ist die strategische Antwort auf Flächenknappheit, steigende Energiekosten und hohe ESG-Anforderungen. Dieser Ansatz führt zu einer höheren Flächeneffizienz, stabileren Cashflows durch Diversifizierung und zur Schaffung zukunftsfähiger, ESG-konformer Assets.
Die internationalen Beispiele in Paris und Amsterdam belegen bereits die erfolgreiche Umsetzung solcher hybriden Konzepte. Es ist wünschenswert, dass sich solche Modelle als neue, resiliente Asset-Klasse etablieren, die für Investoren und Projektentwickler signifikante Potenziale bieten.
Dieser Beitrag basiert auf dem Vortrag „Logistikimmobilien versus Rechenzentren – ein Spannungsfeld, den unser Kollege und COO Marco Mendes auf dem Jahreskongress Logistikimmobilien am 25.06.2025 in Frankfurt am Main gehalten hat.
Das copyright des Fotos liegt bei der Heuer Dialog GmbH

